Schule in Münsterdorf im Laufe der Jahrhunderte

Ein geschichtlicher Abriss von Hermann Schwichtenberg (Vorsitzender Ortsgeschichtlicher Arbeitskreis Münsterdorf e.V. - OAM) Nach Recherchen des Ortsgeschichtlichen Arbeitskreises Münsterdorf kann ein definitives Gründungsdatum der Münsterdorfer Schule aus den bisher bekannten Unterlagen nicht abgeleitet werden. Fest steht aber: Münsterdorfer Schulunterricht lässt sich für mindestens 336 Jahre nachweisen (Siehe 1670: Schulgeld für drei Mohren).

Ein Blick in die Schulchronik.

Allgemeines

822 (Cella Welanao)

Karl der Große lässt in seinem Reich Dom- und Klosterschulen errichten. Fränkische Klöster sind gleichzeitig Bibelschule. 822 wird das benediktinische Missionskloster „Cella Welanao“ auf dem Gebiet des heutigen Münsterdorfs gegründet. Sein Standort und ob und in welcher Form darin Schule abgehalten wird, ist nicht bekannt. Über den Beginn der ansgarschen Missionsreisen 826 berichtet Rimbert in der Vita Ansgarii: „Erfüllt von Liebe zu Gott begannen sie (Anmerkung: Ansgar und Autbert) auch, sich für die Verbreitung ihrer frommen Gottesverehrung eifrig um den Kauf von Knaben zu bemühen, um sie zum Dienste Gottes heranzubilden. Auch Harald (Anmerkung: Dänenkönig Harald Klak d. J.) ließ einige seiner Leute unter ihrer Aufsicht erziehen. So konnten sie dort binnen kurzem eine Schule mit zwölf oder mehr Schülern errichten.“

834

Laut Ernst Krohn gründet Ansgar eine Dom- oder Klosterschule in Hamburg. „Hauptaufgabe der Schule war es, junge Leute zum Kirchen- und Staatsdienst heranzubilden“. Anmerkung: Krohn gibt hierzu keine Quelle an. Krohn könnte sich aber auf Rimberts „Vita Ansgarii“ (nach 865) und die „Hamburger Kirchengeschichte“ von Adam von Bremen (um 1075) beziehen. Insbesondere Rimbert berichtet darüber, dass Ansgar junge Dänen und Slawen kaufte und Sklaven auslöste, „um sie zum Dienste Gottes zu erziehen. Eine Anzahl behielt er in Hamburg bei sich, andere sandte er zur Ausbildung nach Kloster Turholt (Anmerkung: Belgien). Auch (...) Lehrer (...) weilten damals hier bei ihm, durch deren Unterricht und Weisung sich das Verständnis des göttlichen Wortes (...) glückhaft mehrte.“ Adam von Bremen bezieht sich in der „Hamburger Kirche ngeschichte“ auf Rimbert: „Dieses alles, was im Leben des heiligen Ansgar ausführlich beschrieben steht, schien mir zur Abkürzung geeignet.“

Anfang 13. Jahrhundert

Es entstehen in den Städten in Anbindung an die Kirche Lateinschulen.

1524

Luther fordert von den Bürgermeistern, dass sie christliche Schulen einrichten sollen. Anmerkung: Es ist naheliegend, dass Johann Rantzau, der Luther 1521 auf dem Wormser Reichstag erlebt hatte und ihn gut kannte, dieses Ziel in seinem Einflussbereich vorantrieb.

1542

Die schleswig- holsteinische Kirchenordnung erwähnt zum ersten Mal die „Dirnkensscholen“ (Mädchenschulen). Luther und gleichgesinnte Freunde denken in erster Linie an Gelehrtenschulen. Lehrer sind damals meistens angehende Theologen. Auf dem Lande soll nach dem Gottesdienst eine halbe Stunde lang der Katechismus eingeprägt werden. Zusätzlich soll der Küster „eenmal in de Weken der Buren Kinder den Katechismus leeren.“ An einigen Orten werden von den Stadtküstern „fliegende Küsterschulen“ eingerichtet.

17. Jahrhundert

Küster auf dem Lande unterrichten Bauernkinder im Winter auf den Bauernhöfen in Religionsfragen: Katechismus aufsagen. Dann wird „stellenweise“ das Amt des Diakons geschaffen. Der studierte Theologe ist oft zugleich Küster und Schulmeister. Er vertritt den Pastor zeitweise. Anmerkung: Im Bereich des Münsterdorfer Kalands war diese Stelle laut Krohn vorhanden.

1646

Christian IV, König von Dänemark erlässt das erste Volksschulgesetz in Schleswig-Holstein.

1747

Die „Verordnung wegen besserer Einrichtung der teutschen Schulen“ tritt in Kraft: Es sollen „überall“ Schulhäuser gebaut werden. Regierung und Gemeinde geben dazu die Mittel. Staat und Kirche üben die Beaufsichtigung aus. Nur vom Propst geprüfte Lehrer dürfen angestellt werden. Es besteht Schulpflicht vom sechsten bis 15. (Knaben: 16.) Lebensjahr. Unterricht täglich sechs Stunden: Religion, Lesen, Schreiben, Rechnen. 1838 werden die Fächer Geographie und Geschichte und 1848 Naturlehre hinzugenommen. Seit 1868: Turnstunden für Jungen, Nadelarbeit für Mädchen und Zeichnen für beide Geschlechter.

Um 1800

bildet jedes Kirchspiel einen Schuldistrikt. Die Kirchspielschule befindet sich in der Regel am Kirchort. Geleitet wird sie vom Kirchspielschullehrer, dessen Amt gleichzeitig mit dem des Küsters und Organisten verbunden ist. Es ist üblich, dass in den Außendörfern Nebenschulen errichtet werden. Diese nehmen Kinder bis zu neunten Lebensjahr auf. Der „Schulhalter“ (lt. Krohn) darf ohne Zustimmung des Pastors nicht angestellt werden.

1805

Die Leibeigenschaft wird in den Herzogtümern aufgehoben. Dadurch erwächst allen Menschen das Anrecht auf Schulbildung.

1814

Die „Allgemeine Schulordnung von 1814“ wird erlassen. Sie teilt das Schulwesen auf in Gelehrtenschulen, Bürgerschulen, Landschulen. Zehn Jahre zuvor entsteht der „Entwurf einer neuen Schulordnung“. Im Schulregulativ für die Landschulen der Propstei Münsterdorf hießt es: „Alle Landschulen in der Propstei Münsterdorf sollen Distriktschulen sein, in welchen der Jugend bis zu ihrer Konfirmation Sommers und Winters von ge hörig geprüften und bestallten Schullehrern Unterricht erteilt wird.“ Dazu schreibt Ernst Krohn: „Nun entstanden überall in den Dörfern Distriktschulen (...).“

1867

Schleswig-Holstein wird Preußen einverleibt. Das Schulwesen wird verstaatlicht und der Provinzialregierung in Schleswig-Holstein unterstellt.

1933

Neue Lehrpläne im nationalsozialistischen Geist werden wirksam.

1945

Für eine Übergangszeit werden Lehrpläne der englischen Besatzungsmacht verbindlich.

1946

Das neu gebildete Land Schleswig-Holstein erhält Kulturhoheit. Die Regierung gibt die „Richtlinien für die Lehrpläne“ heraus.

Die Schule in Münsterdorf

1670

Im Rantzau-Familienarchiv auf Schloss Breitenburg befinden sich Rechnungen aus dem Jahre 1670. Sie geben Auskunft darüber, dass für „drei Mohren“ Schulgeld an die Küster von Münsterdorf gezahlt worden ist: vier Reichstaler. Das interpretiert Ernst Krohn als ältesten Hinweis auf Schulunterricht durch einen Münsterdorfer Lehrer. Es gibt bei Krohn keine Angabe über ein Schulgebäude oder einen bestimmten Schulraum. Der Unterricht hat möglicherweise in Kirchenräumen stattgefunden. Es gibt bei Krohn auch keinen Hinweis darauf, wo die Rantzauer „Mohren“ unterrichtet werden – ob in Münsterdorf, auf dem Schloss oder anderswo bleibt unbeantwortet.

1681 bis 1816

Eine Eintragung von 1681 im Münsterdorfer Kirchenmissale belegt „Des Küsters jährliche Einkünfte: 5. An Schulgeld: Für jedes Kind, so Lesen lernet, wöchentlich 1 Schilling. Für jedes Kind, so Schreiben und Rechnen lernet, wöchentlich 2 Schilling.“ Das genaue Jahr des Unterrichtsbeginns in Münsterdorf kann Krohn nicht feststellen. Er nimmt an, dass entsprechende Nachweise im Archiv des Schlosses Breitenburg liegen. Vorhanden ist eine Bestallungsurkunde des Lehrers Johann Keller aus dem Jahre 1688. Detlef Rantzouw benutzt am 16. Oktober 1688 in dieser Urkunde die Worte „seine Anteceßores“ (Vorgänger). Dies deutet darauf hin, dass Detlef Rantzouw 1688 damit Lehrer meint, die vor Keller in Münsterdorf unterrichtet haben.Krohn nennt in seiner Chronik eine weitere Bestallungsurkunde aus dem Jahre 1759. Weiter weist er auf „viele Schulregister“ aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts hin, die im Breitenb urger Archiv lagern. Sie müssen dem Pastor halbjährlich vorgelegt werden. Schulpflichtige Kinder besuchen im Winter 1763/1764 zu etwa 50 Prozent regelmäßig den Unterricht. „Im Winter 1771/1772 war der Besuch sehr gut“, schreibt Krohn. Von der Einrichtung der Münsterdorfer Schulstube zeugt eine Aktennotiz: „Für etwa 70 Schulkinder stehen ganze zwei Tische und acht Bänke zur Verfügung.“ Ein Hinweis auf ihren Standort liegt aus dem Jahre 1816 vor. Danach befindet sie sich in einem Bauernhaus mit Reetdach auf dem jetzigen Grundstück Kirchenstraße 4. Im Breitenburger Schuld- und Pfandbuch wird das Gebäude als „Klosterhaus“ bezeichnet.

1840

Um 1840 werden die ersten „Schulprüfungen“ abgenommen.

1842

Der Schulpatron wird eingeladen, am Kinderball teilzunehmen, der von 14 Uhr nachmittags bis zum Einbruch der Dunkelheit dauert.

1843

Die Regierung verschickt ein Rundschreiben bezüglich der „Gilden und Lustbarkeiten der Schuljugend “. Inhalt: Pro Jahr darf nur eine öffentliche Lustbarkeit für die Jugend veranstaltet werden.

1859

Die Schülerzahl steigt auf 122.

1866

Das Schulhaus wird umgebaut.

1884

Die Schülerzahl steigt auf 144.

1891

Das Lehrerkollegium beschließt den Neubau der Schule mit drei Klassen, zwei Familienwohnungen und einer Einzelwohnung. Errichtet wird es auf der Koppel des Hufners Max Dibbern, jetzt Grundstück Kirchenstraße 5.

1893

Richtfest der neuen Schule im August. Am 1. November erfolgt der „feierliche Einzug in das neue Schulhaus“ (Krohn).

1907

Die Schülerzahl steigt auf 240 an. Das Schulkollegium beschließt mit Hilfe der Königlichen Regierung den Neubau einer vierten Klasse. Er wird im Osten des neuen Schulhauses errichtet.

1908

Der Neubau wird eingeweiht.

1918

Ernst Krohn wird nach seiner Rückkehr aus englischer Gefangenschaft Lehrer in Münsterdorf.

1937/1938

SS-Schulungsleiter Heinrich Lüth wird Hauptlehrer. Ihm folgt ein Jahr später Wilhelm Franck, Träger des „Goldenen Parteiabzeichens“ der NSDAP, in das Amt.

1939

Die Wehrmacht beschlagnahmt nach dem 1. September 1939 zwei Klassenräume: Grund: Auf dem Schulhof wird eine Batterie Feldartillerie zusammengestellt.

1943

Nach Luftangriffen auf Hamburg im Juli 1943 steigt die Schülerzahl durch Evakuierte auf 165 an.

1945

Im März nehmen Wehrmachtsteile wieder Schulräume für sich in Anspruch. Mit der Aufteilung Deutschlands auf die Siegermächte wird die Schule englischen Besatzungsoffizieren unterstellt. Sie betreuen 120 Münsterdorfer und 95 Flüchtlingskinder.

1956

Die Münsterdorfer Schulchronik verzeichnet, dass Schule in Münsterdorf seit 1806 besteht. Auf Grund dieser Angabe wird im „Krug zum grünen Kranz“ eine 150-Jahrfeier veranstaltet. Ernst Krohn schreibt dazu in seiner Dorf-Chronik von 1966: „Inzwischen hat der Verfasser (Anmerkung: Ernst Krohn) festgestellt, dass unsere Schule mindestens 300 Jahre alt ist.“

Ein Blick in die Schulchronik der Münsterdorfer Schule

2006

Am 12. Januar 2006 traf sich der Unterzeichner (Hermann Schwichtenberg, Vorsitzender Ortsgeschichtlicher Arbeitskreis OAM) mit dem Leiter der Grundschule in Münsterdorf, Harald Restorff. Es sollte die Frage geklärt werden, ob aus der Schulchronik hervorgeht, dass das Datum 1806 für den Beginn des Schulwesens in Münsterdorf eingesetzt werden kann. Tatsache ist, dass 1806 nicht mit dem Schreiben der Schulchronik begonnen wurde.

Die ersten sieben Seiten sind viel jünger. Sie datieren vom 9. November 1883. Die ersten Zeilen lauten: „Die erste zuverlässige Nachricht über die Schule zu Münsterdorf datiert seit dem Jahre 1806. Seit Michaelis dieses Jahres hat Johann Matthäus Schlesinger die Organisten- und Lehrerstelle 38 Jahre lang bis 1844 verwaltet. Schlesinge r war in Sachsen-Meiningen geboren, da selbst in dem Schullehrer-Seminar ausgebildet und hatte später auf Wunsch des Herrn Grafen Conrad zu Rantzau, dessen Kammerdiener er mehrere Jahre gewesen, Pestalozzis Institut in Yverdun besucht. Von dem Herrn Grafen Conrad zu Rantzau wurde er dann Michaelis 1806 zum Organisten, Küster und Schullehrer in Münsterdorf ernannt. Sein Amt verwaltete derselbe bis Ende 1844, wo er auf seinen Wunsch mit einer Pension von jährlich 60 Schilling emeritiert wurde. Am 29. Januar 1859 ist er in Münsterdorf in einem Alter von 80 Jahren gestorben und auf dem hiesigen Kirchhof beerdigt.“ Die Quelle, die dieser Eintragung zugrunde liegt, wird nicht genannt. Wenn den Chronisten der Schulchronik keine ältere zuverlässige Quelle über Schulunterricht bekannt war, dann bedeutet dies nicht zwangsläufig, dass es eine solche nicht gegeben hat.